Impressionen aus dem Billigheimer Bruch:
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Über das Projekt:
Edeka fördert Wasserbüffel-Weide der NVS NaturStiftung Südpfalz mit 5.000 Euro
Die NVS NaturStiftung wurde im Naturschutzwettbewerb „Unsere Heimat und Natur“ von Edeka Südwest und der Stiftung NatureLife-International für ihre „Wilde Wasserbüffel-Weide“ bei Billigheim-Ingenheim ausgezeichnet. Die Weide ist Teil des Naturschutzprojekts „Billigheimer Bruch“, bei dem die NVS NaturStiftung als Pächterin zusammen mit dem Naturschutzverband Südpfalz (NVS) und in Abstimmung mit der Ortsgemeinde das Biotopmanagement verantwortet.
Dieter Zeiß, Vorstand NVS NaturStiftung, und Stefan Hey, Vorsitzender NVS-Ortsgruppe Billigheim-Ingenheim, nahmen am 14. Juni 2024 an der Weide den symbolischen Scheck in Höhe von 5.000 Euro von Michaela Meyer, Geschäftsbereichsleiterin Nachhaltigkeit Edeka Südwest, und Benedikt Paul, Marktleiter Edeka-PAUL Billigheim-Ingenheim, entgegen. „Die Förderung hilft uns enorm, das Projekt voranzutreiben und die wertvollen Lebensräume langfristig zu sichern“, betonte Zeiß.
Mit dem Preisgeld wird die Weide und somit auch der Lebensraum für gefährdete Watvögel, wie Kiebitz und Bekassine erweitert: Damit die Büffel auch auf der anderen Seite des angrenzenden Bachs weiden können, wird eine Flachstelle zum Überqueren geschaffen, die den bis zu einer Tonne schweren Tieren dauerhaft standhält. „Wir freuen uns mit Stiftung und Verein über die Auszeichnung und sind stolz, dass es so viele Ehrenamtliche und so großartige Naturschutzprojekte in unserer Gemeinde gibt“, sagte Ortsbürgermeister Dietmar Pfister bei der Übergabe.
Edeka fördert 31 Projekte im Jahr 2024
Unterstützt wird der 2014 zum ersten Mal durchgeführte Wettbewerb auch von Kunden der Edeka Südwest: Denn ein Teil des Erlöses aus dem Verkauf von Bio-Kräutertöpfen der Regionalmarke „Unsere Heimat – echt & gut“ fließt in den Wettbewerb. Im Jahr 2024 werden 31 Projekte ausgezeichnet. Damit wurden seit 2014 insgesamt 268 Projekte mit rund 672.000 Euro unterstützt.
Lebensraum für gefährdete Arten bewahren
Die NVS NaturStiftung hat das 54 Hektar große Billigheimer Bruch von der Gemeinde Billigheim-Ingenheim seit 2020 für 30 Jahre gepachtet. Denn durch die Entwässerungen in den 1930er Jahren, Verbuschung und intensive Beweidung drohte es seinen ökologischen Wert als Lebensraum für gefährdete Offenland- und Feuchtgebietsarten immer mehr zu verlieren. Daher übernahm die Stiftung mit ehrenamtlicher Unterstützung des NVS und besonders seiner Ortsgruppe Billigheim-Ingenheim das Biotopmanagement mit dem Ziel das alte Ökosystem mit seinem störungsanfälligen Beziehungsgeflecht wiederaufzubauen und den Charakter eines weiten, offenen Moorgebiets zu bewahren.
Ganz im Süden des Landkreises Südliche Weinstraße befindet sich das Billigheimer Bruch, das dank seiner Größe und seines Mosaiks verschiedenster Lebensräume seinesgleichen in dieser Region sucht. Die bislang vernachlässigte Ausschöpfung des ökologischen Potentials des 54 Hektar großen ehemaligen torfreichen Moorgebiets mit regionaler Bedeutung für den Artenschutz soll nun durch die Umsetzung eines Biotopmanagementkonzepts gelingen.
Was macht das Gebiet so einzigartig?
Ausgedehnte wechselfeuchte Wiesen- und Schilfflächen mit hohem Grundwasserstand, durchdrungen von Fließ- und Stillgewässern, kennzeichnen das Billigheimer Bruch. Bewirtschaftete Ackerflächen sowie verbuschte und bewaldete Teilflächen erweitern zusätzlich das Lebensraumangebot, wodurch das Bruch eine überregional bedeutende Vogeldiversität mit bisher knapp 90 beobachteten Vogelarten hervorbringt, unter anderem seltene Rote-Liste-Arten wie Bekassine, Kiebitz, Rohrweihe oder Wendehals.
Die Fläche ist im Besitz der Gemeinde Billigheim-Ingenheim. Das kostenintensive Biotopmanagement befindet sich in der Hand der NVS NaturStiftung Südpfalz als Pächterin.
Maßnahmennotwendigkeit und -ziele
Nach den Entwässerungen der 1930er Jahre mindern nun noch Tendenzen zur Verbuschung sowie Übernutzung durch intensive Beweidung den ökologischen Wert als Lebensraum für gefährdete Offenland- und Feuchtgebietsarten. Das Biotopmanagement in einer Hand garantiert den Wiederaufbau des alten Ökosystems mit seinem störungsanfälligen Beziehungsgeflecht. Der Charakter eines weiten, offenen Moorgebiets soll bewahrt und verstärkt werden, etwa durch Steuerung des Wasserhaushalts und der Sukzession.
Angestrebt wird ein günstiger Stand des oberflächennahen Grundwassers, der den Ansprüchen der Enten, Watvögel, Störche, Reiher, Rohrweihen, Rohrsängern und Rohrammern gerecht wird. Nutzungsarten und Unterhaltung werden sich künftig den Ansprüchen der Wiesenvögel und der Amphibien anpassen. Wechselfeuchte Mähwiesen und beweidetes Grünland bilden mit artenreicher Flora die Grundlage des Insektenreichtums und damit des Nahrungsangebots. Ganzjährige Laichtümpel und temporäre Stillgewässer sollen das Angebot für Amphibien, Ringelnattern oder Libellen ergänzen.
Die Ackerflächen sollen durch extensive Bewirtschaftung zum artenreichen Refugium für Arten der alten Kulturlandschaft wie Kiebitz, Rebhuhn und Feldlerche entwickelt werden. Ein gezieltes Besucherlenkungskonzept soll Spaziergänger auf den Wert des Gebiets aufmerksam machen, daneben aber auch ausreichend große Scheuchdistanzen garantieren.
Erschienen im Amtsblatt Landau-Land, KW 1/2021
Liebe Mitbürger,
heute (KW1/ 2021, Anm. d. Red.) sollen Sie über ein Naturschutzprojekt der Gemeinde Billigheim-Ingenheim, das mir persönlich sehr am Herzen liegt, offiziell informiert werden.
Es handelt sich um die Aufwertung der großen Flächen südlich der Bahnlinie an den Gemarkungsgrenzen zu Winden und Hergersweiler. Die Gemeinde ist dort Eigentümerin eines Areals von 54 ha an Erlenbach und Flutgraben. Seit alters her heißt dieser Gemarkungsteil „Billigheimer Bruch“.
Derzeit sehen Sie dort neben zwei großen Ackerschlägen viel Grünland, Mähwiesen, eine Viehweide mit Teich, Schilfflächen und ein Sumpfwäldchen, die vom Flutgraben begleitet werden. In dessen Wasser sind der Erlenbach, der Horbach und der Steinfelsbach zusammengefasst. Ein weiterer langer Graben entspringt in unserem Gebiet und zieht durch die am tiefsten liegenden Sumpfwiesen nach Osten.
Unsere hiesige Ortsgruppe des Naturschutzverbands Südpfalz hat den hohen Wert für den Naturhaushalt seit vielen Jahren erkannt. Ganz besonders für die Vogelwelt der Feuchtgebiete und des Offenlands hat unser Bruch nämlich eine große Bedeutung in der Südpfalz.
Nun hat die Gemeinde hier zum Wohl ihrer Bürger und der Zukunft ihrer Lebensqualität eine Kooperation mit der Stiftung des Naturschutzverbands, der NVS NaturStiftung Südpfalz beschlossen, deren Vorsitzender unser Mitbürger Dieter Zeiß ist. Im Vertrag heißt die Absicht: „….. den ökologischen Wert zu erhalten und zu steigern, der sich im Zustand und der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts und in den Leistungen für Klima, Wasserhaushalt und Umwelt abbildet.“
Deshalb wurde ein Pachtvertrag auf die Dauer von 30 Jahren abgeschlossen. In die Bewirtschaftung sind bäuerliche Betriebe integriert. Hier soll jetzt die Ökologie Vorrang haben, wozu die Betriebe entsprechende Agrarförderprogramme nutzen.
Das umfangreiche Biotopmanagement obliegt der Stiftung als Pächterin. Große Anstrengungen erfordern die Erhaltung des Offenlandcharakters, die Steigerung des Angebots an Blühflächen und artenreichen Grünlands und die Steuerung des Wasserhaushalts.
Als Vertreter der Gemeinde bin ich mit Freude und Rat und Tat an diesem gemeinsamen Projekt beteiligt. Ich bin mir sicher, dass auch Sie, liebe Mitbürger, diesem notwendigen Schritt in eine Zukunft, die den Wert des Naturhaushalts stärker berücksichtigt, nicht nur wohlwollend gegenüberstehen, sondern auch auf die störungsanfälligen Lebensgemeinschaften im Bruch Rücksicht nehmen und unsere Freunde vom NVS unterstützen. Diese werden uns auch immer wieder informative und erlebnisreiche Einblicke in die dortige Welt bedrohter Vogel- und Insektenarten geben.
Wie schließt doch die Präambel des Kooperationsvertrags: „ …….. dass sich Gemeinde und Stiftung bei der Verwirklichung ihrer Ziele gegenseitig mit Informationen und Schritten unterstützen, um ein Optimum für die Natur der heimischen Gemarkung und der Region zu erreichen und ein eindrucksvolles und nachahmenswertes Beispiel des kommunalen und ehrenamtlichen Engagements in der Südpfalz zu liefern.“
Ein Moor in Billigheim? Wo bitteschön soll sich in dieser Gemarkung ein solches Feuchtgebiet erstrecken? Wo man vielleicht nachts im Nebel bis zum Bauch einsinken kann? Bilder schweben uns vor vom oberschwäbischen Federsee, vom Murnauer Moos oder von norddeutschen Moorlandschaften. Watvögel auf weiten Wiesenflächen rufen melodisch. Ketten von Enten kreisen über stehendem dunklen Wasser zwischen den Binsen. In der kleinen Serie über das Billigheimer Feuchtgebiet, dem Gemeindeeigentum von 54 ha Größe, an der Grenze zu Winden und Hergersweiler, beginnen wir mit der Entstehung.
Heute stellt sich das Billigheimer Bruch als kultiviertes, landwirtschaftlich genutztes Areal dar. Wenn dort in der Bodenkarte von Rheinland-Pfalz aber noch Flächen mit Moorboden eingezeichnet sind, wenn bei der Untersuchung des Bodenprofils noch Torf im Bohrstock steckt, dann stellt man sich schon die Frage, ob hier eine spannende Entwicklungsgeschichte zurückverfolgt werden kann.
In den langen Jahrtausenden während und nach der letzten Eiszeit führten die Haardtrandbäche sehr viel Material von den Bergen herunter. Hier unten in der Vorhügelzone konnte sich eine Niederung mit einem Becken und schließlich mit einem See ausbilden. In weiteren Jahrtausenden der Warmzeit setzten Verlandungsprozesse ein mit der Bildung eines Niedermoors. Die Reste von Schilf und Riedgräsern wurden unter Wasser, also unter Sauerstoffabschluss, nicht zersetzt und festigten sich zu Torf, meterweise sogar, bis Menschen mit der Entwässerung begannen.
Die Überreste von Pfahlbauten und Steinwerkzeugen in den unteren Schichten belegen auch die Existenz der offenen Wasserflächen vor drei- bis sechstausend Jahren. Als Naturfreunde stellen wir uns spaßeshalber einmal vor, wie damals ein überquellendes Tierleben von Fischen und Fröschen, von Libellen, Reihern, Enten, Schnepfen die Wohnumgebung und das Jagdrevier der Siedler am See bereicherte. Je weiter im Lauf der Zeit die Verlandung voranschritt, umso besser konnten spätere Siedler auch gerodete Randflächen für ihr Vieh nutzen. Gleichzeitig erschienen neue Pflanzenarten auf den Wiesen zusätzlich mit angepassten Schmetterlingen und Vögeln des entstandenen Offenlands.
Die Bäche, die in diese Niederung einmündeten, müssten die heute bekannten Gewässer Erlenbach, Horbach und Steinfelsbach gewesen sein. Ihr Lauf innerhalb des Beckens könnte sich immer wieder verlagert haben. Die seitlich ansteigenden Lössriedel mit ihrem Druckwasser sorgten außerdem für einen hohen Grundwasserstand und die Überflutung im Schilfwald der zentralen Senke.
Bei den heutigen Problemen mit dem klimaschädlichen Kohlendioxid muss erklärt werden, dass die vom Wasser bedeckten Pflanzenreste, das Torfmaterial, einen hohen Gehalt an Kohlenstoff hatten. Mit einer Entwässerung dringt aber aus der Luft Sauerstoff ein und oxidiert diesen gebundenen Kohlenstoff zu schädlichem „Klimagas“.
Wenn heute der Naturschutzverband Südpfalz und seine NVS Naturstiftung Südpfalz als Pächterin für die nächsten 30 Jahre die Verantwortung für das ökologische Potential dieses ehemaligen Moors übernehmen, dann soll für den gesamten Naturhaushalt und für die spezialisierte Tierwelt der Feuchtgebiete eine kleine Oase in den sehr nachteilig veränderten oder verschwundenen Lebensräumen ringsum erhalten und weiterentwickelt werden.
Die Billigheimer waren für ihre Torfstecherei im Billigheimer Bruch bekannt, weshalb man ihnen auch den wenig schmeichelhaften Spitznamen der „Torfhengste“ verlieh. Wie kam es hier zu dem großen Vorkommen von Torf, dessen verräterischer Geruch beim Verheizen in den Kleidern der Billigheimer stecken blieb? Das Bruch entstand aus einem nacheiszeitlichen See, der durch eiszeitliche Sand- und Kiesablagerungen der Bäche geformt wurde und sich durch Verlandung nach und nach in eine Jahrtausende alte Moorlandschaft verwandelte. So konnte sich eine mehrere Meter dicke Torfschicht auftürmen.
Im Jahr 1786 übertrug Karl Theodor, Kurfürst der Pfalz und Bayern, das 170 Hektar große Gelände der Torfbrüche (angesichts der heutigen Ausdehnung des Bruchs erscheint diese Zahl sehr groß) den Bürgern von Billigheim als Allmende, wie Eduard von Moor in seinem 1867 erschienenen „Beitrag zur Geschichte der Pfalz“ zu berichten weiß. Mit durchgeweichten Schuhen und nassen Füßen widmeten sich die Billigheimer alsbald mit großem Eifer der schweißtreibenden Torfstecherei. Daher ergänzt von Moor, dass die Bürger nach der Entdeckung seiner großen Nützlichkeit so verschwenderisch mit dem neuen Feuerungsmaterial umgingen, dass diese Ressource im 19. Jahrhundert bald erschöpft schien.
Parallel wurden Teile des Bruchs als nasse Mähwiesen, aufgrund des geringeren Futterwertes der Wiesen dieses alten Niedermoores aber auch als reine Streuwiesen genutzt. Die nassen Senken der Torfgewinnung und die feuchten Wiesen mussten ein einzigartiges Paradies für Wiesen- und Feuchtgebietsvogelarten dargestellt haben. Man kann sich ausmalen, wie in dieser völlig offenen Landschaft Bekassinen auf ihrer Suche nach Nahrung elegant schreitend mit ihren langen Schnäbeln das flachgründige Wasser durchstöberten und ihre gesprenkelten Eier in Bodenmulden im feuchten Gras ablegten.
Unterdessen sollte dem wilden, zügellosen und unkoordinierten Torfabbau das Handwerk gelegt werden. So sah es zumindest das „Königlich bayerische Amts- und Intelligenzblatt“ von 1843 vor, das die „planlosen Einzelstechereien…für den vollkommenen und zweckmäßigen Abstich“ als nachteilig anprangerte. Hier wurde vorgeschlagen, die Torflager strategisch geplant gründlich zu entwässern, um auch die tiefer liegenden, wertvolleren Torfreste vollständig ausbeuten zu können. Mit Blick auf eine spätere, als lukrativer angesehene landwirtschaftliche Nutzung sah man hier die Rechtfertigung für eine vollkommene Ausbeutung und Trockenlegung.
Der Torfabbau trat mit der Zeit in den Hintergrund und die landwirtschaftliche Nutzung rückte in den Fokus. In den 1930er Jahren wurde das noch bestehende Feuchtgebiet vom nationalsozialistischen Reichsarbeitsdienst drainiert und zu seiner heutigen Form umgestaltet. Schwer zu bewirtschaftende, feuchte Äcker und Mähwiesen konnten gewonnen werden.
Mehrere Abzugsgräben verlaufen seitdem parallel mitten durch das Gebiet, das heranfließende Wasser von Horbach und Erlenbach wird in den Flutgraben und somit am ehemaligen Feuchtgebiet vorbeigeleitet. Stauwehre wurden errichtet, um den Wasserhaushalt gezielt steuern zu können. So wurde der Versuch unternommen, auch den südlichen, deutlich nasseren Teil des Tals am Erlenbach nutzbar zu machen. Umgekehrt dienten die Wehre aber auch der Bewässerung der Wiesen im August, um den Ertrag der zweiten Heuernte zu verbessern.
Heute werden die Gräben im Bruch nur noch zur Entwässerung genutzt. Durch die große Menge an Wasser, die ganzjährig mit hoher Geschwindigkeit durch den kanalisierten Flutgraben geleitet wird, hat sich dieser im Lauf der Zeit immer tiefer eingeschnitten. Dieser Prozess senkt den Grundwasserstand in seiner Umgebung ab, allerdings sind stellenweise auch schon ansetzende Mäander zu erkennen, wodurch sich der Prozess langfristig abschwächen wird, sofern keine Eingriffe erfolgen. Eine Verlangsamung der Fließgeschwindigkeit im Flutgraben könnte große positive Auswirkungen auf die Neubildung von Grundwasser, die Hochwasser-Rückhaltekapazität und die Artenvielfalt des Gebiets haben.
Trotz der massiven Eingriffe in den Wasserhaushalt des ehemaligen Torfmoors bewahrte sich das Gebiet überwiegend seinen reizvollen Landschaftscharakter und seine Bedeutung für die Vogelwelt der Feuchtgebiete. Welche Bedeutung das Bruch heute noch für die Artenvielfalt hat, erfahren Sie in einem weiteren Teil dieser kleinen Serie.
Vogelparadies Billigheimer Bruch! Ja schwirren uns dort überall laute Vogelscharen um den Kopf? Klingt doch solch eine idealisierende Übertreibung nach einem quirligem Hin und Her und lufterfüllendem Singen und Flöten in unberührter Naturlandschaft.
Wer aber mit diesen Erwartungen vorbeikommt, vielleicht wie er, hinter dem Vorhang lauernd, von den zutraulichen Futtergästen am Vogelhäuschen entzückt wird, den wird die unspektakuläre Ruhe beim Blick über die Wiesen, das Schilf und die Ufergebüsche enttäuschen. Die Kenner vom NVS, dem Naturschutzverband Südpfalz, empfinden hingegen dieses Stück selten gewordener Kulturlandschaft, dieses klassische Mosaik aus traditionellen Lebensräumen, wie einen Ausschnitt aus dem Lehrbuch.
Das überschaubar kleine Bruch besitzt nämlich hauptsächlich einen hohen Wert für einzelne, einst selbstverständliche und heute gefährdete Spezialisten. Für einen gut getarnten Kerl namens Bekassine, der seinen neun Zentimeter langen Schnabel in den schlammigen Boden rammt, zum Beispiel. Oder für Akrobaten, die meistens an Schilfhalmen rauf und runter klettern.
Selbstverständlich zieht das Bruch, wie bei 90 beobachteten Vogelarten zu vermuten, auch viele gute Bekannte an, auch einige aus dem eigenen, naturnahen Garten vertraute, die auf Bäumen und in Hecken brüten wie die Finken, Drosseln, Tauben, Grasmücken, Pirol, Mäusebussard. Oder in Höhlen wie Spechte, Stare, Meisen. Aber die offenen nassen Wiesen und das vom Wasser überstaute Schilf sind mittlerweile in unserer übernutzten Landschaft selten geworden. Gerade hier bangen die Kenner um das Angebot für Grauammer und Schwarzkehlchen, Feldschwirl, Rohrsängerarten und Rohrammern. Und die Ackerbereiche am Rand der 54 Hektar Bruchgelände rufen geradezu nach Brutrevieren für Lerchen, Wachteln, Kiebitze.
Nicht nur bei den Saarländern steht das „Erscht mol gudd gess!“ im Vordergrund. Das ausreichende Angebot an Insekten, Weichtieren, Amphibien, Mäusen, Sämereien entscheidet, ob der blühende Acker eine Brutsaison ermöglicht. Ob auf den Singwarten der bunten Wiese die Reviere verteidigt werden. Ob im Schilfnest die Jungen heranwachsen können.
Am hohen Grundwasserstand hängt zudem viel vom ganz speziellen Artenreichtum und deshalb auch vom speziell gedeckten Tisch des nassen Bruchs. Von den Anhöhen im Süden und Norden drückt es ins tiefe Gelände, der Flutgraben führt ganzjährig Wasser. Trotz entwässernder Wirkung des künstlichen Langgrabens füllen sich noch einige der verschilften Senken und locken Wasservögel in die heimlichen Verstecke. Verschlammte Flutrasen und quietschnasse Riedgraswiesen versorgen die Wintergäste, die vor lebensfeindlichem Eis und Schnee in ihrer Sommerheimat hierher flüchten.
Ausgesprochene Heimlichtuer verbergen sich geschickt vor dem beobachtenden Menschen, der dies jedoch auch von draußen, vom befestigten Fahrweg aus, ahnen kann. Und der versteht, dass sich hier Vieles gegenseitig ergänzt: Blühende Mähwiesen, unberührte Schilfzonen, Wasser stehend und Wasser fließend, Äcker, Ufergebüsch am Erlenbachaltgerinne. So schaukelt sich der Wert des Gebiets hoch. Vielfältige Pflanzenwelt für sonnenhungrige Schmetterlinge, Insekten für Vogelbrut, Frösche und Libellen für Reiher und Rallen, Sämereien für Ammern, Mäuse für Würger, Stare und Pieper als Beute von Habicht und Sperber. Das neue Biotopmanagement folgt im nächsten Beitrag.
Wie für dynamische Dörfer Entwicklungspläne entstehen, so muss auch für die Zukunft des Lebens im Billigheimer Bruch für größere Stabilität und den Ausbau von Schwerpunkten geplant werden. Dort draußen ohne politische Diskussionen mit Blumen, Bäumen und Bienen. Aber die Vögel zum Beispiel stimmen als Wähler heimlich mit den Flügeln ab. Weg sind sie, wenn’s nicht mehr passt. Ja, auch hier bleibt nichts stehen.
Die Vegetation in einer Kulturlandschaft und im Gefolge auch die Tierwelt hängen von der Nutzung durch den Menschen ab. Allein schon hierbei wollen die Lebensraummanager vom Naturschutzverband Südpfalz und seiner NVS Naturstiftung alle Vorteile für die Steigerung der Stabilität der wichtigsten Lebensgemeinschaften und gefährdetsten Arten wahrnehmen.
Aber aufgepasst! Auf den ungenutzten Flächen wird sich die Pflanzenwelt wie überall Richtung Wald umbauen. Freut das die alteingesessenen Lebewesen der gewohnten, offenen Landschaft wirklich? Und kann man dann noch diejenigen in diesem geschützten Refugium empfangen, die andernorts vertrieben werden durch leider immer stärker intensivierte Nutzung der freien Flächen durch Siedlung, Wirtschaft, Landwirtschaft?
Deshalb legen die Planer, wie auch ein Bürgermeister und sein Rat in der Dorfentwicklung, Ziele fest: Während nebenan im Mühlhofener Wald den angepassten Waldspezialisten eine vertraute Heimat bleibt, dem Waldkauz, den Buchfinken, den Spechten, sorgt man sich hier um die Kulturfolger wie Grauammer, Feldschwirl, Kiebitz und die Feuchtgebiets- und Wasservögel.
So wenig wie ein Bürgermeister können es auch die verantwortenden Biotopmanager nicht jedem recht machen. Deshalb wird jetzt auf den 54 Hektar Folgendes angestrebt: Auf 10 ha Acker bieten die Landwirte gemäß den Agrarförderprogrammen Teile im Vertragsnaturschutz und welche mit Nutzung mit Ökologischem Vorrang an. Im Sommer ein Insektenparadies, im Winter Futterquelle mit Sämereien. Auch dem Kiebitz will man wieder mit offener Schwarzbrache im März, April hier ungestörtes Brüten anbieten.
Im Grünland wird ein- bis zweimal Heu gemacht. Zur Förderung eines hier auf einigen Stellen noch lebenden Schmetterlings, des seltenen Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings, geht man beim Mähen so auf den Entwicklungszyklus ein, wie Professor Settele festgelegt hat. Sodass dort zuerst schon vor Juni, aber dann frühestens wieder Mitte September die Messer die Bedingungen schaffen. Solche Rücksichtnahme kann auch mal nötig werden, wenn die Vogelbeobachter den Nestbereich eines Feldschwirls, eines Braunkehlchens oder einer Grauammer vor drohendem Ausmähen der Brut abgesteckt haben.
Ein Hauptaugenmerk liegt auf der Eindämmung der Gehölze, die besonders von den Bächen und Gräben her die blühenden Wiesen bedrängen. Wuchernden Brombeeren soll man wehren. Hohen Baumwuchs verhindern, weil das die Wiesenvögel fürchten. Und Kopfweiden mit ihren Nischen soll man pflegen. Und Laichgewässer besonnt präsentieren. Und die Entwicklung dokumentieren. Laufend. Zum Nachsteuern. Zum Verbessern. Für neu gewünschte Wiesenblumen. Sumpfdotterblumen, Schwertlilien, Sumpf-Helmkraut. Libellen, Molche, Kröten, Frösche, Ringelnatter, Blindschleichen: alle haben Ansprüche wie die Bürger im Dorf! Aber Hunde müssen draußen bleiben! Bitte!
Und die Leute? Da sind Schautafeln und ein Beobachtungsplatz oben auf der Anhöhe bei den Wasserbüffeln geplant. Die gemütlichen Schwarzen stehlen sowieso allem die Schau, wenn sie sich in ihrem Teich zwischen den Enten suhlen.
Die Gemeinde Billigheim-Ingenheim hat sich schon jetzt einen Podestplatz im Naturschutzwettbewerb der Pfalz ergattert. Schade für den Bürgermeister, dass die Vögel ihn nicht wählen dürfen.
Broschüre „Das Billigheimer Bruch – auf dem Weg zu einem kleinen Paradies“
mit vielen detaillierten Infos zu Lebensraum, Historie, Biotopmanagement, Ehrenamt sowie Tieren und Pflanzen im Bruch
64 Seiten, 210 x 210 mm
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